Jüdisches Museum

Im 19. Jahrhundert hatte Jebenhausen (seit 1939 Stadtbezirk von Göppingen) eine der größten jüdischen Gemeinden Württembergs. Die Ausstellung handelt von der Geschichte der Juden in Jebenhausen und Göppingen. Diese begann 1777 mit der Ausstellung eines Schutzbriefs für jüdische Familien durch die Ortsherrschaft der Herren von Liebenstein.

Das Jüdische Museum Göppingen wurde 1992 eröffnet. Seit 2019 wird die Geschichte der Juden in Jebenhausen und Göppingen in acht Themenfeldern neu präsentiert. Am 7.7.1777 wurde im Schloss in Jebenhausen der Schutzbrief unterzeichnet. Um 1850 lebten in Jebenhausen rund 530 Juden. Damit hatte der jüdische Ortsteil fast die Größe des Christendorfs erreicht. Mit Synagoge, Schule, rituellem Tauchbad und Friedhof wurden die wichtigen Einrichtungen für das Gemeindeleben geschaffen. Nach der rechtlichen Gleichstellung 1864 verließen viele Juden das Dorf und zogen in die benachbarte Stadt Göppingen, nicht wenige wanderten aber auch nach Amerika aus. 1899 wurde in der Synagoge Jebenhausen letztmals ein Gottesdienst gefeiert.

Judentum ist eine Lebensführung, die alle Bereiche des Alltags durchdringt. Gottesdienstbesuche in der Synagoge bilden dabei nur einen kleinen Teil. So stellt die Ausstellung die wichtigsten religiösen Feste im Jahreslauf vor, zu denen spezielle Ritualgegenstände und traditionelle Speisen gehören. Im Zentrum steht der Schabbat, der höchste Feiertag im Judentum.

Die in Göppingen lebenden Juden gründeten 1867 eine eigene Gemeinde. 1880 legte die Gemeinde, die jetzt rund 240 Mitglieder zählte, den Grundstein für die neue Synagoge. Mit dem Hotel Dettelbacher am Bahnhof verfügte die Gemeinde über einen Saal für offizielle Feiern und Familienfeste. In der Zeit des Nationalsozialismus waren die Gasträume des Hotels ein Rückzugsort für das jüdische Gemeindeleben.

Von 1933 bis 1938 folgte eine Phase der Diffamierung und zunehmenden Entrechtung der Juden in Deutschland durch staatliche Verordnungen und Gesetze. In dieser Entwicklung stellen die Ereignisse in der reichsweiten Pogromnacht 1938, in der auch die Göppinger Synagoge angezündet und zerstört wurde, einen Höhe- und Wendepunkt dar: Nun begann die systematische Verfolgung und Vernichtung der jüdischen Bürger durch die Nationalsozialisten und ihre Helfer. Nach außen hin wurde die „Endlösung der Judenfrage“ als eine vollständige „Umsiedlung“ aller Juden in entfernte Ostgebiete getarnt. Am 18. November 1941 wurden die Göppinger Polizeidirektion und das Landratsamt erstmals über die geplanten „Evakuierungen“ in Kenntnis gesetzt. Die Ausstellung schildert den exemplarisch den Leidensweg von fünf Familien. 64 Göppinger Juden wurden direkt in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Von ihnen überlebten 6.

Nach der Pogromnacht im November 1938 zeichnete sich eine größere Auswanderungswelle ab. In den Monaten danach flohen 143 Juden ins Ausland. Die meisten fanden Aufnahme in den USA, gefolgt von England. Manche überlebten nur dank mutiger und „stiller“ Helfer. Das Mädchen Inge Auerbacher überlebte mit ihren Eltern dank großem Glück die Haft im KZ Theresienstadt, wohin die Familie im August 1942 deportiert worden war.

150 Jahre Aron Tänzer

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Zwischen Freihof-Gymnasium und Uhland-Schulen liegt zwischen Bäumen versteckt ein hübsches Haus mit gelben Schindeln und grauen Fensterläden: das Rabbiner-Tänzer-Haus, benannt nach dem wohl wichtigsten Rabbiner der Stadtgeschichte, Dr. Aron Tänzer. Wo heute das Referat Steuern und das Kulturreferat ihre Büros haben, wohnte Tänzer mit seiner Frau und sechs Kindern von 1907 bis zu seinem Tod 30 Jahre später – unterbrochen nur durch seinen Dienst als Feldrabbiner im Ersten Weltkrieg. Damals stand das Haus direkt neben einer wunderschönen Synagoge, die von den Nationalsozialisten in der reichsweiten Pogromnacht 1938 niedergebrannt wurde. Das zu erleben, blieb Aron Tänzer durch seinen Tod am 26. Februar 1937 ebenso erspart wie der Beginn der systematischen Deportation und Ermordung der Juden, der auch Tänzers Witwe Bertha 1943 zum Opfer fiel.

Neben seiner Rabbinerstelle engagierte sich Aron Tänzer zeitlebens mit Herzblut für die Volksbildung. Er initiierte, gründete und leitete fast 20 Jahre lang die erste Leihbibliothek in Göppingen; er hielt gut besuchte Vorträge – beispielsweise über Goethes „Faust“ und Nietzsches „Zarathustra“ – beim 1919 gegründeten Verein für Kunst und Wissenschaft; und er forschte unermüdlich zur Geschichte der Juden in Jebenhausen und Göppingen und veröffentlichte seine Studien 1927 in einem Buch. Was weniger bekannt ist: Aron Tänzer schrieb auch drei Bühnenstücke, ein viertes blieb unvollendet.

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Jüdisches Museum Göppingen
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73035 Göppingen-Jebenhausen

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